Voltaire Kunstpreis 2025

Der Voltaire Kunstpreis 2025 im Bereich Literatur geht dieses Jahr an zwei Preisträgerinnen :

Sara Schmiedl

Sara Schmiedl (*1999) arbeitet textbasiert, schreibt Prosa oder Drama, manchmal auch etwas dazwischen; und oft in Form von Installationen und Performances.
Studierte Sprachkunst an der Universität für angewandte Kunst Wien und als Gast Szenisches Schreiben an der Universität der Künste Berlin, jetzt Theater an der Zürcher Hochschule der Künste.
Präsentiert wurden ihre Arbeiten zuletzt am Literaturhaus Wien (2023), Schauspielhaus Bochum (2023), Tanztheater Wuppertal (2023), Volkstheater Wien (2024), Berliner Theaterdiscounter (2024), Dramatiker:innenfestival Graz (2025) und Literaturhaus Zürich (2025).
Sie war Stipendiatin der ASSITEJ Masterclass Autor:innen und nominiert für den Retzhofer Dramapreis 2025. 2024 wurde sie beim 15. Berliner Hörspielfestival in der Kategorie „Kurzhörspiele“ ausgezeichnet.
Veröffentlichungen in Anthologien und Zeitschriften, unter anderem in der Literaturedition Niederösterreich, die horen und DUM.
Außerdem war sie als Kuratorin (LITERATURpassage im MuseumsQuartier Wien) und Herausgeberin (Literaturanthologie JENNY) aktiv.
In ihrer Praxis versteht sie Text als räumliche Manifestation von Sprache und forscht nach plurivokalen Textformen.

Foto © WolfgangRappel

Amina Kurbanova

In dem Text „An manchen Tagen“ ist etwas zerbrochen, etwas, das nie wieder ganz werden kann, jedenfalls heute nicht, nicht auch morgen, weil es vor langer Zeit geschehen ist, so lange, dass kein Wort es erreichen kann, oder aber es kein Wort für diesen Schmerz gibt. Kein Wunder, denn die Geschichte der Familie, aus der die junge Protagonistin stammt, ist eine Geschichte der Entwurzelung, der Deportationen, der gewaltsamen Umsiedlungen. Jung ist die Stimme, die aus dieser Erzählung zu uns spricht, und doch kennt sie schon so viele Brüche, spürt die Last und die Notwendigkeit, alles zusammenhalten zu müssen, bis es zu einer Geschichte wird, denn wo sonst ist man vor der Vernichtung sicher, wo sonst kann die Wahrheit Unterschlupf finden. Noch ist aber der Text keine Geschichte, seine poetische Kraft dagegen und die Bereitschaft, so weit wie möglich in den Schmerz vorzudringen, bemerkenswert. Es ist ein impressiver Text, dessen Bilder mehr verbergen als offenbaren, einen Schleier über Dinge und Wesen werfen. Diese Suche nach einem Geheimnis erzeugt große Intensität, riskiert aber zugleich entfremdend zu wirken, denn man könnte leicht Suche und Unentschlossenheit verwechseln. Rund und ganz ist der Text, wenn er von einem Ort erzählt, den man versucht ist, Ort der Kindheit zu nennen. Dabei ist die Kindheit hauptsächlich in einem deutschsprachigen Raum verlaufen. Nur die Ferien hat die Protagonistin an diesem besonderen Ort verbracht, aber erstaunlicherweise besitzt diese Zeit und dieser Ort mehr Wirklichkeit als alle anderen in ihrem Leben. Vielleicht, weil ihre Eltern immer noch nicht dorthin zurückkehren dürfen, vielleicht, weil und sie die Beziehung zu lebenden und toten Verwandten aufrechterhalten muss.

Ganz und rund ist der Text, wenn er von diesem wirklichsten aller Orte erzählt, wenn er zwischen Lebenden und Toten vermittelt.

Foto © Amina Kurbanova